„Nein, dieses Thema ist kein Spaltpilz für unsere Partei“
UMAG: Die FDP will regional Lohnuntergrenzen einführen, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften festgesetzt werden sollen. Die Bundesarbeitsministerin scheint sich noch mehr vorstellen zu können. Worauf werden Sie sich mit der CDU einigen?
Die FDP lehnt einen flächendeckenden Einheitsmindestlohn und die Einmischung der Politik in die Lohnfindung strikt ab. Beides fördert Arbeitslosigkeit und ruft einen Überbietungswettbewerb der Links-Populisten hervor. Letzteres nach dem Motto „Wer bietet mehr?“ Das gefährdet Einstiegschancen, die erfolgreiche deutsche Tarifautonomie und den stabilen deutschen Arbeitsmarkt.
Die FDP stellt dem Einheitsmindestlohn das Modell von Lohnuntergrenzen entgegen, differenziert nach Branchen, regional begrenzt und im Einklang mit der Tarifautonomie. Unser Beschluss grenzt sich außerdem von der Idee der CDU/CSU ab, eine Zentralkommission einzurichten. Damit ginge die nach Branchen gesonderte und die regionale Differenzierung der Lohnuntergrenzen verloren. Eine solche Zentralkommission, die über den Tarifpartnern schwebt, brächte faktisch einen flächendeckenden Einheitsmindestlohn. Das wollen wir keinesfalls.
UMAG: Ihr Beschluss erhielt auf Ihrem Sonderparteitag viele Gegenstimmen. Wird das Thema zu einem Spaltpilz in Ihrer Partei?
Nein. Die Koalition aus Union und FDP hat schon 1996 für die Baubranche eine tarifliche Lohnuntergrenze eingezogen. Das Thema ist also nicht neu. Auch die jetzige Koalition hat seit 2009 für weit über zwei Millionen Beschäftigte Tarifverträge und ihre Lohnuntergrenzen neu für allgemeinverbindlich erklärt. Wir Liberale pflegen eine lebhafte Debattenkultur. Der Beschluss, die bisherige Vorgehensweise gesetzlich zu verankern, fand eine deutliche Mehrheit.
UMAG: Wenn es nach der Bundestagswahl erneut zu Schwarz-Gelb kommt: Werden Sie eine entsprechende Gesetzesinitiative ergreifen?
Wir haben in unserem Wahlprogramm festgelegt, dass wir im Einklang mit der Tarifautonomie die Möglichkeit für weitere Lohnuntergrenzen schaffen wollen. Wir werden dafür die Regelungen für Mindestlöhne überarbeiten und besser aufeinander abstimmen. Grundlage für Gesetzentwürfe ist ein Koalitionsvertrag. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir hier zu einer vernünftigen Lösung kommen.
UMAG: Was sagen Sie Unternehmern, deren Geschäftsmodell dank eines Mindestlohns nicht mehr rentabel ist? Müssen wir auf Arbeitsplätze am unteren Ende der Lohnskala verzichten?
Einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab. Die Lohnuntergrenzen, die wir in manchen Branchen seit 2009 eingezogen haben, schaden dem Arbeitsmarkt nicht. Das liegt auch daran, dass die Tarifpartner ein feines Gespür dafür haben, was durchsetzbar ist und daher auch ökonomisch sinnvolle Löhne finden. Wichtig sind die Branchenbezogenheit und die regionale Ausdifferenzierung.
Zudem haben wir festgelegt, dass das Kartellamt anders als bisher in jedem Verfahren Stellung nehmen soll, damit kleine und mittlere Betriebe nicht über die Lohnuntergrenzen aus dem Wettbewerb gedrängt werden. Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden. Sittenwidrige Löhne sind ja heute schon verboten.
UMAG: Abschließend, auch im Kontext der Mindestlohndebatte: Sind Sie noch die Partei für Unternehmer? Warum wollen Sie gewählt werden?
Die FDP ist die Partei der sozialen Marktwirtschaft, der Leistungsgerechtigkeit und des Mittelstands. Wir wollen einen Ordnungsrahmen, in dem die Tarifparteien die Freiheit haben, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Wir treten dafür ein, dass unsere Unternehmen international wettbewerbsfähig bleiben und nicht durch staatliche Bevormundung, überbordende Bürokratie und Steuererhöhungsorgien geknebelt werden. Wir brauchen ein investitionsfreundliches Klima, da Investitionen und Innovationen die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie und Mittelstandes sichern, also für Wachstum und Wohlstand sorgen.
Die Fragen stellte Dr Benjamin Teutmeyer