Die Zeitarbeitsfirma im Süden der Republik hätte sich unter anderen Umständen geehrt fühlen können: Wahlkampfprofis wählen ihren Slogan als Leitmotiv für die Zeit bis zur Bundestagswahl. Ein Beleg dafür, dass der Claim funktioniert. Bloß funktionieren die Wahlkampfprofis leider nicht.
Bekannt ist, dass die Kandidaten der zentrale Erfolgsfaktor in Wahlauseinandersetzungen sind. Man weiß aber auch, dass die Mehrheit der Bürger Informationen selektiv wahrnimmt, so dass sich assoziative Bewertungen von Spitzenpolitikern ergeben: Steinbrück geht es von Anfang an um Geld (Vorträge) und um noch mehr Geld (Kanzlergehalt). Steinbrück übernimmt die Selbstaussage einer „ausbeuterischen“ Branche. Bald schwinden auch diese bruchstückhaften Zusammenhänge: Steinbrück wird „irgendwie“ mit Gier in Verbindung gebracht. Wie ungünstig für einen SPD-Mann. Da diese unbewussten Mechanismen hinlänglich erforscht sind, ist es die vornehmste Aufgabe gut bezahlter Wahlkampfmanager, die „richtigen“ Wahrnehmungsbruchstücke in der Bevölkerung zu verankern und „falsche“ zu vermeiden. Unter diesem Aspekt bisher kein Erfolg.
Der zweite wichtige Faktor jedes Wahlkampfs ist das Wahlprogramm, das der Spitzenkandidat glaubhaft verkörpern sollte. Auch diesbezüglich ist zweifelhaft, ob die gefundene Lösung zum Erfolg führt. Während Steinbrück erst als Kanzlerkandidat galt, der CDU und FDP Wähler streitig machen könnte, und der hierfür etwas „Beinfreiheit“ von seinen Getreuen einforderte, wurde später beschlossen, ein „linkes“ Programm zu verabschieden und der Partei ein „linkes Gesicht“ zu geben. Der arme Mann muss das jetzt vertreten. Steinbrück soll als Gallionsfigur einer resozialdemokratisierten SPD die Stammwähler mobilisieren. Nun ja.
Eigentlich hätte folgendes Szenario erstellt werden sollen: In Zeiten einer gigantischen Finanzkrise, die jede öffentliche Debatte dominiert, betritt ein Sozialdemokrat die Bühne, der Deutschland, Europa und der Welt als ausgewiesener Finanzexperte Stabilität verspricht und auf soziale Gerechtigkeit achtet. Ein auf diese beiden Oberziele ausgerichtetes Wahlprogramm hätte diesen Ansatz untermauern müssen. Anschließend wäre die Streuung von Wahrnehmungsfragmenten erfolgt. Die Frage nach dem Gehalt der Kanzlerin etwa wäre mit einem Verweis darauf zu beantworten gewesen, dass Politiker, zumal Spitzenleute, sich angesichts der schwierigen Situation der Bürger bescheiden zu geben hätten.
Vor dem Hintergrund, dass dieses Konzert aus Inhalt, Person und Verpackung also nicht funktioniert, wird es umso wichtiger sein, dass Steinbrück wenigstens keine katastrophalen Bilder mehr von seiner Person in den Köpfen versenkt. Er könnte sich täglich in Erinnerung rufen: Das Ich entscheidet (jetzt).
Dr. Benjamin Teutmeyer