In der heißen Phase der Präsidentschaftskandidatenkür der republikanischen Partei wurde die Welt bevorzugt mit absonderlichen Auffassungen und Fehltritten sowie mit der Bigotterie und der Ignoranz der Bewerber befasst: Mehr ein Kuriositätenkabinett als seriöser Politikbetrieb. So schien es zumindest. Newt Gingrich glänzte in der Presse mit seltsamen Ideen. Unter anderem lagen ihm Kolonien auf dem Mond und Laserattacken auf Nordkorea am Herzen. Rick Santorum machte als Glaubenskrieger von sich reden. Als Kämpfer gegen Abtreibung, gleichgeschlechtlichen Sex und Gewissenlosigkeit fiel er mit forschen Sprüchen über Schwule und Plädoyers für Gottesfurcht auf. Ron Paul geisterte als zügelloser Kapitalist durch die Gazetten, während er für die Wiedereinführung des Goldstandards, für absonderliche Steuersenkungen sowie für die Beschränkung der Staatsgewalt auf die Sicherung von Freiheit stritt. Gekrönt von seiner Aussage, Weisungen allein von himmlischen Mächten annehmen zu wollen. Last, but not least, Mitt Romney, der nun bestimmte Herausforderer Barack Obamas, der so linkisch agiert, dass ihm seine Frau, ein „All american girl“ aus dem Bilderbuch, die Claqueure präparieren muss. Er hat sich mit megalomanen Attitüden bezüglich der globalen Führungsrolle der USA, mit haltlosen Versprechungen, Millionen Jobs zu schaffen, und Gefühlskitsch hinsichtlich von Elternliebe durchgesetzt.
Für Europäer gleicht diese turnusmäßige Politshow einem Panoptikum, das alle Vorurteile aktualisiert, die man mit dem Kontinent, seinen Repräsentanten und Menschen hegen darf: Ein Land der begrenzten Möglichkeiten, in dem Sonderlinge und Sektierer als Stimmen offenbar großer Minderheiten Mehrheitsfähigkeit begehren, wobei stets der Schematismus siegt: Am Ende gibt es ein Ergebnis mit starkem Kontrast, das im TV leicht vermittelbar bleibt. Der schlichte Romney gegen den smarten Obama, dessen Werte und Überzeugungen uns zumindest erklärlicher sind.
Doch kann es sein, dass eine Nation mit umfassendem Zugang zu Informationen so einfach zu manipulieren und zu karikieren ist, durch eine Berichterstattung, die keine Meinungsbildung betreibt, indem sie Populistisches statt relevanter Fakten vermeldet? Je exzentrischer die Protagonisten reden, desto besser vermarkten sich die News. Nach hinten tritt, dass der als ungelenk begegnende Romney als Gouverneur in Massachusetts für einen ausgeglichenen Haushalt sorgte, dass er eine Gesundheitsreform betrieb, die Obamas Plänen in wichtigen Punkten entsprach, und dass er ein Bildungsmodell favorisiert, dass Eltern erlaubt, die Schule für ihr Kind frei zu wählen. Lauter Dinge also, die in jeder Demokratie vernünftig sind. Wir in Deutschland aber lernen ihn mit extrem anmutenden Positionen auf Nebenschauplätzen kennen, als jemand, der im Großen und Ganzen Sprüche klopft. Romney wird von den Sendern auf ihren Bedarf reduziert.
In diesem Verhalten drückt sich auch eine Arroganz gegenüber Amerika aus, die daher rührt, dass sich Europa als Wiege westlicher Wertvorstellungen den USA geistesgeschichtlich und moralisch überlegen wähnt. Diese Haltung verhindert, dass wir die Mentalitätstradition jenseits des Atlantiks verstehen, die Emotionen bewusst adressiert, um Erregung zu Patriotismus zu machen.
Christina Rothstein M.A.